Glosse

Seit Oktober 2007 schreibe ich für die Main-Post die Glosse "Gotthold & Eustach" und beleuchte dabei verschiedenste, meistens ganz aktuelle Themen, mit der ganz besonderen Sichtweise von Gotthold und Eustach. Die Glosse erscheint alle zwei Wochen jeweils am Dienstag in der Bad Neustädter Ausgabe der Main-Post. Besucher unserer Internet-Seite können alle Glossen nachlesen.


Biergarten 2030 Hochdeutsch

(15.05.2018)
 

Warum sprechen die Leute heutzutage nicht mehr miteinander? Weil man uns einen Kommunikationspunkt nach dem anderen genommen hat! Beispiele gefällig? Früher war man nach der Kirche zusammengestanden und hat sich unterhalten. Gibt es nicht mehr, weil niemand mehr hineingeht. Oder die Dorfwirtschaften. Da ist Politik gemacht worden und wer nicht hinein ist, hat nicht mitbekommen, was im Dorf so alles los ist. Aus! Die Milchsammelstelle. Der Kommunikationspunkt schlechthin! Weg! Heutzutage die Banken. Man konnte sich dort wenigstens mal mit einer Frau oder einem Mann hinter einer dicken Glasscheibe unterhalten. Nicht einmal dieses Mindestmaß an Unterhaltung lassen sie uns: Auszugsdrucker, Geldautomaten, Filialschließungen. Fertig, aus! Gut, gehen wir halt in den Biergarten und reden etwas mit der Bedienung. Der Bedienung? Ein paar einzelne gibt es noch, aber es kommt der Tag, wo eine Bedienung seltener ist als ein Organist oder ein Birkhuhn in der Hochrhön! Apropos Organisten: jetzt gibt es schon Kirchenorgeln, die automatisch spielen! Irgendein programmierter Brocken wird auf die Tasten gelegt und spielt alle Lieder, die man will. Soweit sind wir! Zurück zu den Bedienungen. Wie soll es werden, wenn es gar keine mehr gibt? Biergartenbesuch 4.0 (2030): rein äußerlich sieht alles aus wie heute. Bäume, Tische, Bänke, Klappstühle, Kastanien, Schotter. So, jetzt etwas zu trinken! Du entdeckst einem Automaten, stellst deinen mitgebrachten Krug unter den Zapfhahn, schmeißt Geld in die Kiste und bist kurze Zeit später online mit der Karmeliter-Bräu. Über eine kilometerlange, unterirdische Pipeline strömt ein süffiges Karmeliter Dunkel in deinen Krug. Hunger! Wieder hin zum Automaten, Geld rein, bis kurze Zeit darauf der diensthabende Metzger auf einem Display erscheint und dich freundlich lächelnd fragt, was du essen willst. „Ein belegtes Brötchen mit Schinkenwurst.“, rutscht es dir verlegen raus. „Ein belegtes Brötchen?“, plärrt der erzürnte Wurstmechaniker. „Du glaubst aber nicht, dass ich deswegen 5 km fahre, oder???“ So oder so ähnlich wird es werden. Alles automatisch, alles elektronisch, alles kalt, unpersönlich. Und wenn dann der dressierte Biergarten-Roboter automatisch auf dich zumarschiert und dich mit seiner furchtbar mechanischen Stimme zu einem „Prost“ auffordert, wirst du richtig grantig und raunzt ihn barsch an: „Nee! Mit jeden, owwer mit dir nedd!!!“ Servus, der Eustach.

 

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