Glosse

Seit Oktober 2007 schreibe ich für die Main-Post die Glosse "Gotthold & Eustach" und beleuchte dabei verschiedenste, meistens ganz aktuelle Themen, mit der ganz besonderen Sichtweise von Gotthold und Eustach. Die Glosse erscheint alle zwei Wochen jeweils am Dienstag in der Bad Neustädter Ausgabe der Main-Post. Besucher unserer Internet-Seite können alle Glossen nachlesen.


Berechnende Menschen Hochdeutsch

(14.11.2017)
 

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich habe mehr und mehr das Gefühl, dass die Welt zunehmend berechnend wird. Jeder ist vorwiegend auf seinen eigenen Vorteil aus. Die VR-Bank schließt in Rhön-Grabfeld zehn Filialen, weil die meisten Leute alles daheim am Computer machen und nicht mehr in die Bank kommen. Auch betroffen: Aubstadt. Für mich der Inbegriff eines Bankenstandorts schlechthin. Aubstadt ohne die Raiffeisen-, heute VR-Bank? Nicht vorstellbar, undenkbar! Der Ernst Härter selig dreht sich da dreimal in seinem Grab herum! Aber es hilft ja nichts. Da stehst du machtlos vis-a-vis. Die Welt ist nicht nur berechnend, heutzutage wird auch alles berechnet. Statistik, "die Lehre von Methoden zum Umgang mit quantitativen Informationen", breitet sich mehr und mehr aus. Alles wird ausgerechnet, und wenn es noch so blöd ist. Beispiel: „Über die Hälfte aller Menschen hat schon versucht, ihren Namen in den Schnee zu pinkeln.“ 100% davon waren wahrscheinlich Männer. Oder: „Das einzige Land, das null Geburten im Jahr 1983 verzeichnete, war der Vatikan.“ Das hat mich jetzt weniger überrascht. Aber warum gerade 1983? Ein unfruchtbares Jahr? Wahrscheinlich zu trocken. Auch interessant: „Jeder Bundesbürger trinkt 106 Liter Bier im Jahr. Außerdem läuft er 1.200 km pro Jahr zu Fuß.“ Habe ich gelesen und gleich ausgerechnet: das sind 8,3 Liter auf 100 km. Nicht schlecht für einen Benziner! Aber zurück zum berechnenden Menschen. Ganz neu ist das jetzt auch wieder nicht. Schon vor mehr als 30 Jahren gab es einen Mann bei uns, dessen alte, betagte Mutter im Krankenhaus lag. Er hatte sie besucht und ist, wie das früher so war, noch einmal in die Wirtschaft eingekehrt. „Geb mir ein Bier“, hat er zum Wirt gesagt. Sich unterhalten, noch ein Bier bestellt, und noch eins, und noch eins, und noch eins. War früher so, auch wenn die Mutter schwer krank war. „Und?“ hat de Wirt irgendwann mitfühlend gefragt. „Was macht deine Mutter?“ „Schlecht.“ hat der Hugo gesagt, und noch ein Bier bestellt. Wie es dann um das Bezahlen ging, hat er den Wirt beigewunken und leise zu ihm gesagt: „Wirt, meine Bier: schreib‘ sie auf das Leichenmahl.“ Hammer, oder? Und der Spruch, der beweist, wie berechnend die Menschheit mittlerweile ist, selbst in den schwersten Stunden: „Die Witwe steht am Sarg und kichert, denn sie ist Allianz-versichert.“ Servus, der Eustach.

 

 Übersicht 
 
   
© 2008 - 2009 NES-Online.de
(Bad Neustadt
)
Startseite - Aktuelles - Termine - Über uns - Glosse - Gästebuch - Kontakt